Stoff für die Zeitung
Georg Patzer von den Badischen Neuesten Nachrichten war am Donnerstag bei der Vernissage von „stitches‘n‘stories & Als die Spinne…“ vor Ort und hat einen tollen Artikel dazu veröffentlicht. Unbedingt lesen!
Der Zeitungsartikel im Klartext:
BNN Samstag, 03.12.2022: Als die Spinne den Faden verlor
Im Jubez führt eine kleine Ausstellung in ein textiles Projekt für Kinder und Jugendliche ein
Als die Spinne den Faden verlor
Faden für Faden entsteht ein erstaunliches Kunstwerk. Symmetrisch, mit kleinen Abweichungen, hängend, liegend. Schwebend und fantasievoll. Es verändert sich ständig, ist lebendig. Spinnennetze werden aus Spinnenseide gewoben, elastisch und belastbar wie Stahl, leicht und reißfest. Ein Wunder der Natur.
Nach dem Spinnen kommt das Nähen oder Sticken, denn das Wort „Spinnen“ hat mehrere Bedeutungen, auf die eine neue Ausstellung im Jubez anspielt. Die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin Hannah Cooke, die an der Hochschule für Gestaltung studierte, und Anuradha Misal, die an der Kunstakademie bei Erwin Groß ein Aufbaustudium absolvierte, zeigen Werke, die sich auf vielfältige Art auf die sprachliche Mehrdeutigkeit von Spinnen, Netz und Faden beziehen.
Cooke hat unterschiedlich große Bilderrahmen wild über einen Kleiderständer gehängt, dass ein dichtes Netz von Ein- und Durchsichten entstanden ist, die fast zu leben scheinen und gleichzeitig auf die unsichtbaren Bilder verweist, die ihre Geschichten erzählen. Und in der Mitte des kleinen Ausstellungsraums hängt eine Vorhangfahne von der Decke, die Cooke während eines Stipendiumaufenthalts in Paris angefangen hat zu besticken.
Darauf zu sehen ist eine Maus, die immer wieder durch ihr Atelier huschte, zwei Kerzen für den Geburtstag ihrer Tochter Ada, ein bisschen Paris-Architektur und Menschen um einen Tisch. Auch das Coronavirus und ein paar Kreise, die die Abstandsregelungen verschiedener Länder illustrieren, denn ihr Stipendium begann Ende 2019. Misals Arbeiten zeigen sehr pfiffig und malerisch die Kunst des Quiltens: Eine Gouache zeigt eine Frau, die ihre mit Pflanzen und Blumen bestickte Decke präsentiert, im Hintergrund wabert bedrohlich ein dunkelblau, düster-modernes Stadtbild. In einem mit Buntstift gemalten Bild sieht man fünf Hände gleichzeitig an einem Stoff nähen. Penibel ist jeder weiße Stich zu erkennen, ein schönes Miteinander erschafft so ein gemeinsames Werk.
Dazu kommen, und vielleicht ist das die Hauptsache, Bilder von Kindern, die während des Projekts „Als die Spinne den Faden verlor“ ihre Geschichten erzählen, und Menschen und nicht-menschliche Lebewesen miteinander verbinden. Ein Brombeerstrauch-Kostüm ist da zu sehen, eine Art Schneeleopard-Mensch, ein roter feuerspeiender Drache oder zwei sich küssende Antilopen. Alle Bilder sind mit Fäden miteinander verbunden, durch die sich ihre Geschichten verknüpfen und eine neue erzählen.
Die Ausstellung zeigt, was in der ersten Hälfte des Projekts von Urbane Gärten, Kulturküche, Bunch und Jubez entstanden ist: Jeden Freitagnachmittag sind Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 14 Jahren bei freiem Eintritt eingeladen, die Geschichten weiterzuspinnen oder neue zu erfinden. Sie können sticken, nähen, kleben, tackern – ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und die Maßschneiderin Marina Petrikat unterstützt künstlerisch und an der Nähmaschine.
Mehrdeutigkeit: Die Künstlerinnen Hannah Cooke und Anuradha Misal zeigen Werke, die sich sprachlich auf das Thema Spinnen, Netze und Fäden beziehen. Auch Kinder beteiligen sich mit Bildergeschichten von Menschen und Nicht-Menschen an diesem Projekt. Foto: Hannah Cooke
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